Das freie Betriebssystem GNU/Linux
Sprechtext
Sehr geehrter Herr Otto,
liebe Kameraden,
geschätztes Publikum!
Im Rahmen unserer dreiteiligen Vortragsreihe zum Thema Betriebssysteme bin ich für die Vorstellung des freien Betriebssystems Linux zuständig. Mir ist durchaus bewusst, dass dies ein sehr technisches Thema ist und dass für einige die Wahl des Betriebssystems eher eine Frage des Glaubens als eine Frage von Argumenten ist. Umso mehr will ich mich um eine sachliche und ideologiefreie Erörterung des Thematik in einfacher Sprache bemühen. Für hoffentlich aufkommende Fragen stehe ich naher gerne zur Verfügung und diesen Sprechtext werde ich auf meinem Weblog veröffentlichen. Die Adresse steht an der Tafel.
An dieser Stelle sei mein herzlicher Dank an den BFD und im besonderen an Herrn Otto angebracht, die mir ermöglicht haben hier zu sprechen.
Zum Einstieg will ich über einige allgemeine Konzepte von Linux sprechen und dann aufzeigen wie ihre Auswirkungen aussehen.
Linux ist Modular aufgebaut, das heißt, jedes Programm des Betriebssystems kann nach Belieben durch ein anderes mit gleicher Funktion ersetzt oder sogar ersatzlos deinstalliert werden. Damit sich nicht jeder seine Software selbst zusammensammeln muss, wird Linux als Software-Sammlung vertrieben. Diese Software-Sammlungen werden meist von Firmen oder Stiftungen zusammengestellt und heißen Distributionen. Dieser Ausdruck leitet sich vom lateinischen “distribuere” her, das zu deutsch “verteilen” heißt; eine Distribution ist also die Form in der etwas vertrieben wird, eine Art Ausgabe.
Genau genommen bezeichnet der Markenname „Linux“ in den Distributionen nur einen kleinen kleinen Teil der Distributionen. Der Linux-Kernel, wie man diesen Teil auch nennt ist der Systemkern. Er kümmert sich um grundlegende Dinge wie die Verwaltung von Treibern, Dateisystemen und Prozessen. Um ein benutzbares Betriebssystem darzustellen, muss Software aber letztlich immer auf die Funktionen von diesem Kern zurückgreifen. Deshalb wird häufig noch im Distributionsnamen darauf hingewiesen. Auch ist mit „Linux“ meist eine bestimmte oder unbestimmte Distribution gemeint.
Diese Linux-Distributionen setzen bei der Auswahl der einzelnen Programme und ihrer Versionen jeweils unterschiedliche Schwerpunkte.
So setzen das vielleicht einigen bekannte RedHat-Linux und das neu entstandene SuSE-Enterprise-Linux, kurz SEL auf sehr alte und damit gut erprobte Software, um ein Maximum an Zuverlässigkeit zu garantieren.
Das so gennante „Damn Small Linux“, zu deutsch also das „verdammt kleine Linux“ minimiert das System auf das Nötigste und kommt so auf unter 50MB Speicherbedarf im installierten Zustand.
Dies sind alles Spezial-Lösungen für spezielle Anforderungen und wenn man so will, ist auch ein Betriebssystem für den Endverbraucher ein solcher Spezialfall, denn hier muss ein sehr komplexes System möglichst problemfrei komplizierte Probleme lösen und am Besten das alles ganz einfach.
Die Firmen, die hinter den großen Distributionen stehen verdienen häufig nur über Zusatzdienste am Vertrieb der kostenlosen Software: Wer SuSE im Laden kauft, bekommt auf einer kleinen Sammlung DVDs genug Software für die hypothetische einsame Insel und ein Handbuch dazu, dass diesen Namen nicht verdient und RedHat bietet gegen Geld Support-Lizenzen für Unternehmen an.
Aus diesen Eigenheiten von Linux resultieren viele gute Eigenschaften von Linux; eine Auswahl davon will ich ihnen nun vorstellen.
Updates funktionieren dank der Distributoren immer nach dem selben Schema: Ein Programm auf dem PC durchsucht regelmäßig den Index vom Software-Archiv des Distributors nach neuen Programmversionen und installiert diese, wenn gewünscht sogar vollautomatisch im Hintergrund. Ansonsten wird nachgefragt, ob jetzt ein guter Zeitpunkt für die Installation ist.
Lokalisierung für die einzelnen Programme läuft ebenfalls zentral über die regionalen Server der Distributoren. Viele Programme greifen auf die gemeinsame Übersetzung zurück, aufwändige Programme wie Firefox oder OpenOffice haben zusätzliche Sprachpakete.
Migration – gemeint ist hier das Wechseln von Computern oder Betriebssystemen – geht konzeptionell sehr einfach: Alle Dateien, die Benutzerdaten beinhalten liegen in einem eigenen Ordner. Liegt dieser auf einer zweiten Partition, kann auf der ersten das Betriebssystem ausgetauscht werden ohne, dass eine einzige Einstellung neu vorgenommen werden muss. Ein schöner Nebeneffekt davon ist, dass man sich selber dazu zwingt Ordnung zu halten und über jede Einstellung gut nachzudenken. – Wenn man es gut macht, hat man schließlich sehr lange etwas davon.
Treiber lädt der Kernel beim Erkennen von Hardware automatisch. – Kein separates Installieren, kein Suchen im Internet. Wo wir gerade dabei sind: Die Treiberunterstützung ist meines Erachtens nach mittlerweile als sehr gut zu bezeichnen. Ich selbst habe noch keine Hardware in den Fingern gehabt, die nicht auf Anhieb lief. Bei Neuanschaffungen sollte man sicherheitshalber aber mal im Internet nachsehen. Es gibt von den Teams, die sich um Schnittstellen zu Ein- und Ausgabegeräte kümmern ausführliche Kompatibiltätslisten. Bereits vorhandene Hardware kann man einfach mal mit einer Live-CD ausprobieren.
Spiele gibt es in großer Menge frei verfügbar. In jedem Genre lässt sich was zum Spaß haben finden. Wer seine alten Windowsprogramme weiterhin nutzen will, kann dies mit etwas Glück mit dem Windowsemulator WinE tun. Am besten geht das meist mit Software die zwar „wichtig“ ist – beliebte Spiele zum Beispiel.
Zuletzt möchte ich noch auf einige Argumente hinweisen, die eigentlich gar keine Argumente für Linux, sondern nur Fehler anderer Betriebssysteme sind, die Linux einfach nicht hat.
Untereinander inkompatible Bildformate mit Ebenen, wie sie die Grafikeditoren Corel Paintshop und Adobe Photoshop brauchen kann man mit Linux-Programmen als xcf zwischen diversen Programmen austauschen.
Defragmentierung gibt es nicht mehr, weil es Fragmentierung nicht mehr gibt. Alle modernen Dateisysteme verzichten auf Fragmentierung und lassen Platz von gelöschten Dateien einfach so lange frei, bis der Auftrag zum Speichern einer passenden Datei kommt. Heute sind Festplatten und die Anzahl der darauf befindlichen Dateien dermaßen groß, dass dieser Ansatz sehr gut funktioniert.
Viren bauen auf Sicherheitslücken, also auf noch nicht behobenen Programmierfehlern auf. Diese gibt es in Open-Source-Software grundsätzlich kaum, denn wenn jemand einen Programmierfehler entdeckt, ist es einfacher ihn zu beheben, als einen Virus dafür zu schreiben. Außerdem gibt es aufgrund der automatisierten Updates sehr schnell keine anfälligen Systeme mehr, wenn der Fehler erst einmal behoben ist.
Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass man mit Linux je nach der Anwendung auch sehr falsch liegen kann, aber ich denke, für viele ist Linux einen Gedanken und einen Versuch wert, denn aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Linux wenn man sich daran gewöhnt hat ein sehr mächtiges Betriebssystem ist.
Um den Einstieg zu erleichtern habe ich sog genannte Live-CDs von Linux-Mint mitgebracht. Von diesen kann jeder PC und jeder Mac mit Intel-CPU direkt gebootet werden. Danach hat man das System geladen, als hätte man es bereits installiert, arbeitet aber lediglich auf dem Arbeitsspeicher. Nach einem Neustart wird wieder das Betriebssystem von der Festplatte geladen und vom Rundgang durch Linux ist nichts mehr vorhanden außer der Erfahrung. Wenn eine Installation durchgeführt werden soll, geht das direkt vom Desktop der gebooteten Live-CD heraus.
In der guten Hoffnung, bei euch, geschätzte Zuhörer Interesse an Linux geweckt zu haben möchte ich mit einem Ausspruch von Mark Twain schließen, den ich ich in unserem Reader zum Kurs fand:
„Menschen mit einer neuen Idee
gelten so lange als Spinner,
bis sich die Sache durchgesetzt hat.“
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.